Sträucher
Gegen Abend beginnen meine Wege zu rauschen
Lange steige ich am Rande der Schatten entlang
Wenn um Mitternacht die Lichter im Dorf dann erlöschen
quillt das Schwarz meiner Augen über wie Kloaken
Ich trete hinaus noch die Nacht besehen
wie ein neugeborenes

Am Hang
in einem Gatter fingerdicker Fichtenstämmchen
mühsam eingebunden
ein Spielzeugdurcheinander
von Kräutern Dill und bunten Blumen
Kohl und Kolrabi rollen blau umher
Bergleute haben ihre roten Kunstwerkrosen
aufgefaltet
und ständig staunend eingelockt
sind tausend Abertausende Insekten
und zwischem allem
auf ganz schmalen Steigen
balancieren Gärtner
mit langen grauen Hackenstielen in den Händen
wundervoll sind sie
die mit Kuchen gefütterten Gärten Thüringens

Ausflug
als ich im Winter sah
mein Waldliebling
lief im hochgeschlossenen Kleid
allseits neben mir
weiß wie Hermelin
in all ihrer Äste Armbeugen
Schlummer
ging ich zurück zum Kiosk
trank blauen Kaffee
und dachte daran
wie neulich doch erst noch
verirrte Blumen aus dem Forst stiegen
in Frauenhänden

Ich nehme all meinen Mut zusammen
laufe heut Nacht nochmal um den Himmel herum
Scheiß egal wenn der Mond wieder bellt
und Morgen dann
der Sonne Chinchilla

Ceres
Im Juni jeden Jahres
das ich denken kann
erscheinen Korn und Mohnblumen
im Staub der Straßenränder
und rings des Getreides
Farben
die ich schon längst erfunden hatte
als ich meine Buntstifte aneinander setzte
bis das Leuchten hervorbrach
Und ich denke an meine vielen
Sträuße Klatschmohn
an denen ich die Vergeblichkeit
erlernte
und an das Lichtblau
der Kornblumen
das so einzig ist
wie ein sinnloses
Wort
Und es leuchten
immer im Juni
gleich neben den Autorädern
des Sommers lichtdunkle Augenränder
Ringe aus roten und blauen Blumen
flüchtige Kränze der Ceres

Von kahlen Ästen wütend
durchgestrichne Himmel
unsichtbar fast liegt
in seinen Nebeln
der Wald
gesträubt aller Haare vor Nässe
feldgraue Heimstatt
wo einzig noch fließt der Hagebutten
Schneewittchenblut
seinem Purpur
an deinen Wegen
zuweilen noch
denke ihm
nach

Knochen
Oft schon fand ich
bei meinem Steigen
Knochen inmitten des Waldes
ragen schmal aus dem Moos
gelb wie Nikotin
manchmal
weiß wie Porzellan
und immer deutlicher
ahne ich wie vorüberzieht
die Serengeti der Tiere und Menschen
mit ihren Kreuzen und Zweigen

Schwere Tropfen an Zweigen
da im Nebel der Wald
löst all seine Sträuße
verstohlen treiben Hölzer und Knospen
an dich heran
die nie gesehen wurden
Momente der unscheinbaren Sträucher
die aus der Stille ragen
fremd und bebend
vor Scham
im Geschmeide des Regens
sich zeigen
(alles was kommt
steigt aus Versunkenheit)
Oft im Nebel
finden zu euch
die Ungecasteten

Die alten Rosen
(ich mein nicht die
die Züchtung noch kaum traf)
ich mein die lange ich schon kenne
die ich längst vergessen habe
und kaum weiß
an die mich aber jede neue Rose ruft
und die ich doch nie wiedersehen werde
obwohl sie mir aus tausend Blumen scheinen
ich meine die
die mir als Kind das Bild der Rose gaben

Vogelstimmen
Manche Frühlingsmorgen
noch vor „ Auroras Rosenfingern“
betrete ich die Kathedrale
aus Vogelstimmen
weit hallender Gewölbe
Kirche aus Klang
Pfeilerbögen sprossend aus kleinen Kehlen
Blumen aus Tieren schallend
um mich her
Fischblasen Gesangs
dass mich schwindelt
in des hohen Raums
endlosem Rufen