top of page

Reisende

Nuit

Plötzlich hielt der stundenlang

in Hitze umher schwimmende Bus inne

Uniformfrauen stiegen ein

erhoben ihre Töchterstimmen nach Pässen

 

der vor mir faltete fahrig seine Fahrscheine

auseinander

groß und leer wie die Landkarte eines Schneelandes

und sie hießen ihn warten

 

Da legte er seinen Kopf in die Fensternische

schlug seine Kapuze hoch

und die Nacht Nuits spannte sich auf

weit und kühl über ihren

verborgenen und geheimsten Tieren

 

Gehäutet zum Schläfer

Herz wie würfeln mit Pyramiden

schlief er mit angehaltenem Atem

nackt

behütet nur in der Ignoranz

des mutigen Kindes

bis er sich aufrecht bog 

süß wie eine Dattel

marmornen Oliven gleich

und mit aller Lässigkeit des gekauten Betels

 

und die Kapuze Nuits breitet sich weiter über ihn

schäumend

wie sich endlos ergießendes Tierblut

 

Und sie führten ihn hinaus

linie2.png

Alkyoneus
oder der aufsteigende Boden

als ich mich krümmte einer Flasche zu Liebe

kam mir der Boden entgegen

stinkend nach Hundekot in all seiner Pracht

 

dass ich zurückwich

steif und gebildet

als sei ich vertieft in 

meine Gedanken

Gebrechen

 

einst tat sich der Kosmos der Kippen auf

sehr ansehnliche darunter

und der Boden sprang an mir empor

ging ich doch mit gefälltem Kopf

wie der Glückssucher so viele

wie selbst Loser Homers

 

auch saß ich zuweilen am Strand noch

des rasenden Verkehrs

sinnend ein Buch in Händen

 

es gibt hier unten den Dreck nicht

den man oben reimt

Ungeziefer geht wie sonst auch Vögel

Auswurf Tau

Engel oder Egel

wenn man es recht bedenkt

 

übersteigt der Boden jeglichen

vorher nur 

trügerisch Gehen in seiner Ebbe

 

unrein ist der Zirkel den ich um mich ziehe

seit ich vor der Sparkasse sitze

soweit meine Arme reichen

fügsamer Boden meiner Kapelle

feines nie vollauf studiertes Mosaik

dass ich mich ganz an ihn schmiege

 

ich bin stationär

alle Wege sind lächerlich

vor mir

 

Einsamkeit breite ich aus

unter den Hüpfenden

schon mein Gestank lässt sie zögern

rufe ich sie herbei

 

Hoheit 

dass es zum Lachen ist

verneigt sich einer mit seinen Groschen

 

schmiege ich mich

schmiege ich mich

an die Erde 

 

 

(gilt doch transnational und für alle Zeiten

die Bodenhaltung der Bettler)

linie2.png

Centaurenschrecklichkeit 

des bepissten Bettlers

(der auf Füßen lang nicht mehr 

sondern auf Hufen geht)

 

Warum soll ich mich waschen

dreckiger bin ich drohender

doch der Welt

 

Es gibt so viel Geräte nicht

in Eure Brust zu dringen

auch mir noch zu brechen 

silberne Rippen vom Menschenzweig

 

nichts gleicht mir hier

 

Die wenigen Almosen heften sich

wie Entenmuscheln

an die Sturmfahrt

meiner Planken

 

Als Fremde gehen alle Wetter

an mir unter

 

Ich habe endlich alle fortgeworfen

die meinem Lächeln böse sind

linie2.png

Der Morgen kommt immer durch dieselbe Tür

Nach dem Regen treiben die Blütenblätter

auf den Autokühlern und Gehwegen 

ihren Spott

 

Gleich an der anderen Seite meiner Erinnerung

liegen die hohen Zimmer meiner Großmutter

 

Wenn das weiße Porzellan uns aufsucht

kommt es mit Klingen daher

indem ich den Tisch decke

ertönen seine kleinen Schreie

so dass ich denke es sei nervös

 

verhaltenes Tuscheln der Sängerkinder vor dem Auftritt

Bereiten des Tisches am Geburtstagsmorgen

 

(für Greti)

linie2.png

Nachts kommen

in Containerstapeln

in Pappe und Blech geborgen

die Erbauer

zu liegen

(immer neben überquellenden Aschenbechern)

seifen sich jeden Abend

im Duschraum

mit Ätzkalk zum Freak 

kämmen sich sorgfältig

zum Leningradcowboy

wickeln sich in ihre Seidenpapiere

 

sind bei ebay zu haben

können umgetauscht werden

werden solange es geht

neu eingestellt

linie2.png

Fabrikation

Ein paar Augenblicke Schlaf

dann springt der Bär auf 

trinkt aus der kleinen Tasse

läuft zur Arbeit

kommt müde zurück legt sich hin

schläft seinen Sekundenschlaf

springt wieder auf 

trinkt aus seiner Tasse

und läuft zur Arbeit

 

und ich sehe wie sie hantiert

mit strengem Kindergesicht

und Stimmen spricht

 

gewahre 

die Fabrikation der ersten Tage

im fast unbegehbaren Zimmerlands

Labor

linie2.png

Kochen am Finkenherd

Immer muß sich einer finden

der unter den kalten Sternen

Kartoffeln schält

 

im Dunkel glimmt seine Zigarette 

leises Knacken von Ästen

dann springt die Flamme auf

und der schwarze Koch kriecht

ums Feuer redet ihm zu

fegt Schnee in die Blechkanne

öffnet amerikanische Dosen

mit der Axt

teilt den Speck nach aller Gerechtigkeit

schält jetzt Kartoffeln und Steckrüben

für seine bedachtsam bleigegossene Suppe

bitter und giftig vor Gewürz

legt an sein Männergekoch die letzte Hand 

Kaffeenäpfe balancierend

rings auf den Spitzen der schrägen Steine

(immer übertreiben sie es doch mit dem Zucker)

wartet auf das Erwachen

dass sich die Zelte öffnen 

und sie herauskriechen

 

(all so viele

Bereiter

und Bereiterinnen

von Essen

sitzend in ihren Küchen

über verführerisch

ausgebreitetem Brot

harren

der fremden Geschöpfe

Gestalt)

linie2.png

Wächter

Vom Bahnhof her

nicht weit vor Morgen

der breiten Strasse 

weiter stiller Saal

 

Am Rand montiert die Tische

vor der Dönerkammer

im grünlichen Terrarienlicht

thront alle Nachtwache van Rijns

wie Halmasteine aufgesteckt

(nur wachsen ihnen Flaschen aus den Handgelenken

und sie sind besoffen)

 

Ich freue mich 

dass sie dort sitzen

Nacht für Nacht die Strasse 

bewachen vor sich selbst

Wachen über ihre Verlorenheit

gut eingelesen ins Totenbuch

Jammerlappen und Schreihälse

 

einer springt auf und schreit

ich bin völlig klar

ich bin brillant

ich bin der Kugelschreiber selbst

 

und hinter mehr der toten Scheiben

schwirren Träume

in ihrer Schädelkapseln 

Hunderaumfahrt niemals Wiederkehr

 

und andere

zerkaut im eignen Bett

stehen auf 

und hocken an den fettgetränktenTischen

 

Strasse der Besten

Galerie meiner Ahnen

die all meine Namen weiß

linie2.png

Schrott

Im Mittag der Feldlärchen

hinter den sieben verlassenen Höfen

 

glühender Gegensonne

Marsfeld 

himmelanstarrender Beton

 

wo heiße Luft wogt wie Meer

hinter dem dröhnenden Bagger 

 

funkenschlagender Trennschleifer Pfauenräder

tiefes Pochen des Öls

in der Geräte Herzen

 

schweißverschwommene Abbilder

Männerkörper/Klötze

auf Fleischbänken zurecht gehauen

mit Bäuchen aufgeblasen

geriffelt von alten Narben

reißen dem Schrott hier die Nähte auf

 

gehen wie Priester langsam umher

wasserdurchflossen

ihres inneren Kreislaufs Geheimnisse

Schweißbrenner in Händen

deren Flammen unsichtbar sind

im Überbelichtetem

 

Hitze und Blendung 

Köpfe knallen an die Sonne

(und ein haarloser trägt die Sonnenscheibe auf den Scheitel

wie der ägyptische Re)

Dieselgeschmack auf der Zunge

 

Radio brüllt Liebe Liebe Liebe

über den Platz

 

an einem Tag altert man hier drei

 

und auf den Eisen Symbole

undeutbarer Frühen

 

Propheten mit zweifelhaftem Ruf

 

knietief in Kehlen des Hohnlachens

Wahrheit

linie2.png

Als das Heim endlich hinter mir lag

zurrte ich meine Sackbänder fest

legte den Eidechsen 

die sich unsichtbar hielten

ihre Eilfertigkeit

zurück in den Schatten

l

Mit der frühen Dämmerung

zogen bald Wetter 

um mich auf

 

langsam und immer langsamer 

schritt ich neben dem Feldweg her

während lautlos Wasser über mich rann

 

die Nacht war voller Fahndung                

 

und ich wusste

auch der Regen 

lotet nach mir

linie2.png

Die Vögel kommen in den Selbstmörderhof

nicht in besonderer Weise

kommen wie in ein unbestelltes Feld auch

stürmen an den Zaun

laufen die Dachrinnen entlang

eilig auf den Stelzen der Luft

 

Einsamkeit

Garten im Federnkleid

 

hinter dem gewellten Namensschild des Mannes

der so oft die Straße herbei schrie

und so klug und fröhlich mit den Ärzten sprach

linie2.png

Die singenden klingenden Flaschen

Ich höre sie immer

auch nachts

Ich trage den Verrat auf dem Rücken

wenn es zu unerträglich wird huste ich laut

 

Es kann wie im Traum sein

ich nehme den gestrigen Tag aus

wie einen trächtigen Fisch

Flasche um Flasche wächst mir zu

sie stehen auf den Bänken und Stufen

als würden wir flirten

 

Man ist nicht allein

man weiß um die anderen

und oft sieht man sie auch

und ihre verheerenden Folgen

 

Ich komme ganz unterschiedlich durch

 

Manchmal verberge ich mich

in schlechtem Wetter

 

oder gehe geschäftig hin und her

Makler unter Maklern

 

Ich bin kein Flugzeug

ich gehöre zum Bodenpersonal dieser Stadt

wenn das Zeug auf dem Rücken zu schwer wird

krieche ich mühsam durch die Straßen

wie eine Fräse durchs Holz

 

dann aber tönen mir aus allen Säcken lauthals Schreie

meine Bewegungen zucken fahrig spitz

und zeigen auf mich hin wie Pfeile

unversehens im Power Point

hüpfe ich davon

 

irgendwie komme ich immer durch

dabei sollte mir doch das Herz aufgehen

beim Klang meiner Flaschen

 

Brauch ich es

ich weiß es nicht

ich bin ein Sportler

in einer anderen Disziplin

und dennoch werfen sich

Zauberknoten in meinen Weg

denkt man nicht auch

wenn weit nach Mitternacht alles ruhig ist

und vielleicht 30 Flaschen im Neon der Unterführung blinken

dass irgendwo Rattengift ausgelegt sein wird

 

Ich bin schon vorüber gegangen

weinend fast

und redete mir zu

Halleluja Alter

 

Ein spezielles Kapitel sind die Körbe

Meine Beutel stelle ich ab

oder ersuche sie zumindest um Ruhe

beiläufig fast

wie eine sich anbahnende Jahreszeit

lasse ich mich an den Kübel treiben

ein kurzer Blick in seinen dreckigen Schlund

und die Flasche zappelt in meiner Hand

 

Natürlich weiß ich andere machen es anders

kreisen mit ihren Händen

hingegeben an jedermanns Augen

im Kosmos der Strassenkörbe

als seis unter Sternen

was können sie denken

 

Finale im Netto

ausersehen für Schande

zum Yeti angeschwollen mit den fetten Taschen

und schließlich an der Stirn des Automaten

sein lahmes Techno

und mein Hasten

die Flaschen springen störrisch nur

durch ihren Reifen

 

In meinem Rücken Schweigen

Sie halten alle Mäuler

die sie haben

Empörung steigt von Zaun zu Zaun

die Stille dröhnt

ich darf mich nur nich wenden

nur nich wenden

und wär so gern allein

mit meinen Flaschen

meinem Zählen

 

Wenn ich fertig bin

alles erledigt ist

führt mein Weg durch die Autos hindurchfuhr Grünanlage

wo die Trafostation zwischen Sträuchern schimmert

trifft sich der Klub

vielleicht singt ein Radio

einige halten mir halbvolle Bierflaschen entgegen

und mein Lächeln überschwemmt den Parkplatz

 

der Erfolg hat viele Gesichter

manchmal ist es meines

linie2.png

Wenn sie gegangen sind
auch der letzte
und die winkende Hand am Kind
verweht ist
schraube ich meinen Sessel herunter
rücke das Zeug zurecht
für die Dunkelheit
dass es mich nachts findet
das unschickliche Zeugs
 
Immer schon gewann ja das Vogelherz
wenn ich spielte
wo ich ruhe

bottom of page